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Vom Ankommen und Wachsen

Zum 50. Jubiläum des Tonkünstler-Orchesters in Grafenegg
Tonkünstler-Orchester Niederösterreich

Veröffentlicht: 18/08/2023

Am 19. August 1973 nahm im Schlosshof Grafeneggs mit Beethovens «Coriolan»-Ouvertüre eine tragende Zusammenarbeit ihren Lauf und an eben diesem Datum im Jahr 2023 feiert das Tonkünstler-Orchester hier in Grafenegg sein 50-jähriges Jubiläum. Bereits Anfang der 2000er-Jahre entwickelte sich eine ganzjährige Abonnementreihe in der Alten Reitschule, welche bald ihr treues Publikum fand. Daraus entstanden die heute unter dem Namen «Jahreszeitenklänge» bekannten Konzerte. Mit dem Bau der Open-Air-Bühne Wolkenturm und der gleichzeitig feierlichen sowie verregneten Eröffnung im Jahr 2007 wurde das Tonkünstler-Orchester offiziell als Residenzorchester Grafeneggs ernannt und bezog damit neben dem Wiener Musikverein und dem Festspielhaus St. Pölten auch hier sein Zuhause.

«Wir sind stolz darauf, das Residenzorchester hier zu sein und das spielen zu können, was Tourneeorchester nicht mit auf Tour bringen können. Die Atmosphäre hier in Grafenegg ist mit nichts zu vergleichen.»
Frank Druschel, Geschäftsführer

Ein halbes Jahrhundert zieht nicht spurlos an einem vorbei. Man sagt, die Zeit verändert Menschen und das ist gut so. Wir schätzen uns glücklich, das Tonkünstler-Orchester als tragende Säule dieses Musikstandortes zu haben, denn es hat als Orchester Grafenegg entscheidend mitgeprägt. Geschäftsführer Frank Druschel, Walter Schober, erster Flötist des Orchesters und Roswitha Wallisch-Gepart aus dem Orchesterbüro nehmen uns mit in einen Rückblick auf ihren ersten Tag in Grafenegg.

«Das erste Mal war im April 2016 kurz vor Ostern, es hat geschneit und kein Mensch war im Park. Ich habe gedacht: Was für ein magischer Ort! Und das hat sich bis heute nicht verändert.»
Frank Druschel
«Mein erster Auftritt war noch als Student und Aushilfe für eine konzertante «Meistersinger»-Aufführung im Schlosshof irgendwann zwischen 1983 und 1988. Ich fand es damals im wahrsten Sinne des Wortes ganz zauberhaft und aufregend, an so einem genialen Ort Konzerte zu spielen.»
Walter Schober
«Ich denke, es war ein Konzert in der Reitschule mit der «Lobgesang» – Symphonie von Mendelssohn im Juni 2003. Ich dachte mir nur, dass da schon wenig Platz auf der Bühne ist und es toll wäre, wenn wir eine richtig große Bühne in Grafenegg hätten, um dort öfters spielen zu können. Ich kannte Grafenegg schon davor, als ich während meines Studiums immer wieder Bustouristen das Schloss und den Park zeigte.»
Roswitha Wallisch-Gepart
Yutaka Sado dirigiert ein Orchester am Wolkenturm in Grafenegg
Yutaka Sado © Sebastian Philipp

Seitdem gingen unzählige Konzerte über die verschiedenen Bühnen Grafeneggs, man durfte gemeinsam vieles ausprobieren und das Tonkünstler-Orchester erwies und erweist sich als eines der vielseitigsten Orchester Österreichs. Insbesondere die Eröffnung des Grafenegg Festival im Jahr 2007 war ein großer Meilenstein. In den Sommermonaten ist Grafenegg durch die Vielzahl an Proben und Konzerten von Musikklängen umhüllt und während man andernorts über den roten Teppich zum Auftritt schreitet, sieht man in Grafenegg die Musikerinnen und Musiker in Frack und Abendkleid über den grünen Rasen den Weg von den Garderoben zum Wolkenturm zurücklegen. Das Tonkünstler-Orchester unterstützt die Auseinandersetzung nicht nur mit allen musikalischen Strömungen, sondern auch die Beschäftigung mit dem Ort als solches, die Identifikation mit dem Publikum und das Mitwachsen mit diesem macht eine Nähe spürbar, die wohl einzigartig ist. Unser Tonkünstler-Orchester hat viele Facetten und Stärken.

«Ich durfte in meinem Flötistenleben als Teil sehr verschiedener Klangkörper in Wien, Österreich und vielen Teilen der Welt mitwirken. Daher darf ich wertfrei feststellen, dass die Tonkünstler ein großartiger und ungemein spielfreudiger, vielseitiger, offener und genreübergreifender Klangkörper ohne Vorurteile und mit sehr starken individuellen Persönlichkeiten sind, die auch untereinander sehr wertschätzend und respektvoll miteinander umgehen. Daraus hervorkommend entstehen ein wunderbar farbenreicher, wuchtiger und zugleich nuancierter Gesamtklang mit sehr großer dynamischer Bandbreite und regelmäßige tolle Konzerterlebnisse, die tatsächlich nicht nur im Publikum, sondern auch auf der Bühne als unvergesslich erlebt werden.»
Walter Schober

Mit 50 Jahren geben wir uns nicht zufrieden und richten den Blick in die Zukunft, in der wir nicht bis zu den Sternen greifen möchten, sondern noch weiter. Also fragen wir: «Welche Aufführungen wünscht sich das Tonkünstler-Orchester für die Zukunft?» Während Theresia Melichar, Oboistin und Mitglied im Orchesterbeirat, sich für eine Aufführung der gesamten Symphonien von Gustav Mahler entscheiden würde, hätte die begeisterte Chorsängerin Roswitha Wallisch-Gepart gerne Giuseppe Verdis «Quattro pezzi sacri» oder Giacomo Puccinis «Missa di Gloria» am Wolkenturm erlebt. Walter Schober betont die wunderbare Eignung der Bühne für eine Aufführung von «Daphnis et Chloé» in der Fassung aus 1912 für Orchester, wortlosen Chor mit Ballett von Maurice Ravel. Frank Druschel möchte 3000 musikbegeisterte Menschen im Park zusammenbringen, um ein Play Along mit dem Tonkünstler-Orchester zu organisieren.

Historische Aufnahme Schlosshof Grafenegg
Historische Aufnahme Schlosshof Grafenegg © Grafenegg
«Ich wünsche mir, dass wir auch in den kommenden 50 Jahren in Grafenegg unser zu Hause haben und das Publikum auch weiterhin verzaubern dürfen.»
Frank Druschel
«Die Tonkünstler sind untrennbar mit Grafenegg verbunden! Auch für die nächsten 50 Jahre sollen das Orchester und seine Ensembles das musikalische Geschehen in Grafenegg prägen, am Wolkenturm, im Auditorium, im bald neu gestalteten Rudolf Buchbinder Saal, im Schlosshof, im Schloss und an vielen vielleicht noch zu entdeckenden Spielorten im gesamten Areal. Ich wünsche dem Orchester und seinen Mitgliedern, und dem Publikum von Grafenegg, noch viele zauberhafte musikalische Stunden in diesem zauberhaften Areal von Grafenegg!»
Roswitha Wallisch-Gepart
«Ich wünsche mir weiterhin viele berührende und erfüllende musikalische Momente an diesem außergewöhnlichen Ort.»
Theresia Melichar
«Ich wünsche den Tonkünstlern, dass Sie gemeinsam mit den interessantesten Dirigent:innen und Solist:innen in den nächsten 50 Jahren noch mehr Sternstunden im Wolkenturm erleben dürfen als bisher. Weiter wünsche ich den Tonkünstlern eine eigene Kammermusikreihe in den Räumen im Auditorium und auch im Schlosshof, um auch in diesem wunderbaren Genre und dessen Perlen und im Herzen von Niederösterreich dem Publikum besonders viel Freude bereiten zu dürfen und ihren Gesamtklang und die Präzision damit noch weiter verfeinern zu können.»
Walter Schober

Wir gratulieren ganz herzlich zum 50. Jubiläum und freuen uns auf viele weitere musikalischen Sternstunden! Zu Ehren des Jubiläums erklingt am 19. August zu Beginn des Konzerts die eigens komponierte Fanfare von Composer in Residence Philippe Manoury. Davor wird dem Tonkünstler-Orchester ein 50 Jahre alter Ahornbaum im Schlosspark gewidmet – so wie es schon Rainer Lepuschitz im Buch «100 Jahre Tonkünstler» schrieb – das zarte Pflänzchen Grafenegg ist für das Orchester zu einem großen Lebensbaum geworden. Einer, der noch sehr groß werden soll!