Blog

«Meet the artist» Daniel Lozakovich

Künstler:innenportrait

Veröffentlicht: 20/10/2025

Daniel Lozakovich zählt zu den großen Geigern unserer Zeit. Geboren 2001 in Stockholm, erarbeitete sich der hochbegabte Virtuose bereits ein breites Repertoire, das er auf der ganzen Welt aufführt. Im August 2025 debütierte er im Rahmen des Gastspiels des Luzerner Sinfonieorchesters mit seinem Chefdirigenten Michael Sanderling am Wolkenturm in Grafenegg – mit dem Violinkonzert von Jean Sibelius. Nach Konzerten mit dem Royal Concertgebouw Orchestra unter Klaus Mäkelä und mit dem Rotterdam Philharmonic Orchestra unter Tarmo Peltokoski kehrt er im November 2025 für sein Debüt mit dem Tonkünstler-Orchester nach Österreich zurück. Unter der Leitung des britischen Dirigenten Matthew Halls wird Daniel Lozakovich das g-Moll-Violinkonzert von Max Bruch im Festspielhaus St. Pölten, im Musikverein Wien und im Auditorium Grafenegg spielen. 

«Es ist wahre Musik, die etwas Geheimes in sich trägt und uns mit unserer Seele verbindet. Und wenn das geschieht, wird Musik zur besten Medizin, um sinnvoll zu leben, neue Dinge zu entdecken, inspiriert zu werden und sich selbst besser zu verstehen.»
Daniel Lozakovich
Daniel Lozakovich
Daniel Lozakovich © Martin Raphaël Martiq
#1

Sie sind jetzt 24 und einer der beeindruckendsten Geiger unserer Zeit. Ihre Technik ist makellos, aber Sie spielen gleichzeitig sehr frei und beseelt.

Welche Vorbilder oder Erfahrungen haben Ihre musikalische Entwicklung am meisten beeinflusst?

Nun, zunächst einmal glaube ich, dass man das Leben meistern muss, um die Musik zu meistern. Und dass Musik umgekehrt auch das Einzige ist, was uns lehrt, wie man lebt. Der spirituelle Aspekt ist dabei wichtiger als alles andere. Aber natürlich sind es nicht nur irgendwelche Töne: Es ist wahre Musik, die etwas Geheimes in sich trägt und uns mit unserer Seele verbindet. Und wenn das geschieht, wird Musik zur besten Medizin, um sinnvoll zu leben, neue Dinge zu entdecken, inspiriert zu werden und sich selbst besser zu verstehen. Das können Worte nie so vermitteln, wie es die Musik vermag. Ich glaube daran, dass die Musik und andere Künste eng miteinander verbunden sind. Es gibt einen berühmten Satz von einem großen französischen Schriftsteller, Stendhal, der in etwa so lautet: «Ich habe die Kunst des Schreibens durch alle anderen Künste gelernt.» Von dieser Wechselwirkung bin auch ich fest überzeugt.

Ich versuche immer, für die Wahrheit und die Schönheit zu leben. Beides halte ich für unschätzbar wertvoll, ebenso wie alles, was damit zu tun hat. Wenn man diese Dinge über sich hat, dann kann auch das eigene Leben ruhig fließen. Wahrheit ist in gewisser Weise das, was Liebe bedeutet. Das versuche ich zu vermitteln, wenn ich spiele. Ich lerne so viel wie möglich und strebe danach, das Leben zu verstehen, weil ich dadurch auch die Musik besser verstehe.

Elisabeth Schwarzkopf, eine der bedeutendsten Liedsängerinnen des 20. Jahrhunderts, betonte, dass sie viel von großen Geigern wie Fritz Kreisler, David Oistrach oder anderen gelernt habe, Phrasierung, Legato und so weiter.

Oistrach und Kreisler haben sicher auch von den großen Sänger:innen gelernt, so wie auch ich von ihnen lerne! Ich meine, was Liedsänger:innen tun, ist eine eigene Klasse, weil sie Emotionen durch den Klang der eigenen Stimme vermitteln können. Nur mit dem Gesang ausdrücken, was ein Wort bedeutet: Das ist das höchste Niveau. Sänger:innen sind sie mit der Natur der Musik am engsten verbunden, weil sie selbst das Instrument sind. Wie entsteht ein Klang? Ein Luftstoß, die Haut der Pauken, die Bogenhaare: Das alles ist Natur. Das sind Schwingungen, die in gewisser Weise, glaube ich, von Gott kommen. Sänger:innen haben die großartige Gabe, uns mit ihrer Natürlichkeit, mit ihrer Stimme, die buchstäblich aus der menschlichen Existenz stammt, zu berühren. Genau das ist unser Ziel, danach streben wir.

#2

Sie werden oft für Ihre Ausgewogenheit, Ihre klangliche Reinheit, Ihre Technik und Ihre Virtuosität gelobt.

Üben Sie gerne?

Nicht immer. Ehrlich gesagt, würde ich manchmal lieber einen schönen Tag im Museum verbringen. Aber es ist nun einmal notwendig, an und mit der Musik weiterzuwachsen. Es ist eine Pflicht, eine Mission. Denn wir sind nicht nur hier, um Musik zu machen, weil das schön ist. Wir müssen verstehen, dass Musik auch die Kraft hat, zu helfen, dunkle Zeiten zu überstehen oder etwas Neues in sich selbst zu finden. Wir mögen die Welt nicht retten können, aber es ist immer möglich, einen Menschen zu retten, der irgendwo im Konzertsaal sitzt und dem die Musik neue Perspektiven eröffnet und im Leben hilft.

Ohne das Üben ist es unmöglich, das, was wir erreichen wollen, zu vermitteln. Denn diese Musik ist nicht einfach, sie verlangt enormes Engagement. Wenn man bedenkt, wie viel Energie Komponist:innen aufbringen, um etwas zu schreiben, dann ist und war das nie etwas Leichtes. Deshalb ist auch Routine äußerst gefährlich. Technische Perfektion kann nur eine Voraussetzung sein, die Grundlage, auf der wir in die Tiefe der Musik vordringen. Meine Aufgabe als Interpret ist es auch, gründlich zu studieren. Und deshalb ist Übung wichtig. Aber nicht nur musikalische Übung mit dem Instrument, wir lernen ja auf unzählige Arten.

Daniel Lozakovich
Daniel Lozakovich © Lyodoh Kaneko
#3

Ein früher Exklusivvertrag mit der Deutschen Grammophon, 2024 der Wechsel zu Warner Classics, preisgekrönte Alben, hohe Auszeichnungen und unzählige internationale Auftritte.

Was war bisher der Höhepunkt Ihrer jungen Karriere?

Ich hatte einige Höhepunkte in meinem Leben, was Auftritte und alles andere angeht, aber dann wurde mir klar, dass jedes Konzert und jede Aufführung Höhepunkte für sich sind. Es ist ein Privileg, eine Ehre, so großartige Musik für Menschen und gemeinsam mit hervorragenden Musiker:innen zu spielen. Und der größte Höhepunkt ist, ein Werk, das man sehr liebt, mit vielen Menschen teilen zu dürfen.

#4

Am 15. November treten Sie zum ersten Mal mit dem Tonkünstler-Orchester auf.

Was bedeutet dieses Debüt für Sie?

Ich freue mich sehr darauf, mit dem Orchester zu spielen, ich habe sehr viel Gutes gehört! Fabien Gabel, der neue Chefdirigent des Orchesters, ist ein guter Freund von mir. Wir haben schon oft zusammen gespielt. Dieses Konzert wird – auch für mich zum ersten Mal – mit Matthew Halls sein, den Fabien ebenfalls sehr schätzt. Ich freue mich darauf, das 1. Violinkonzert von Bruch zu spielen. Es ist immer eine fantastische Erfahrung, weil es großartige Musik ist und immer eine so dramatische Wirkung hat.

#5

Können Sie uns einen kurzen Einblick in das Konzert von Bruch geben?

Ich denke, das Wichtigste ist Bruchs Verständnis von Schönheit. Und das vermittelt er in diesem Konzert mit aller Kraft. Es ist eines der verführerischsten Violinkonzerte. Vor allem der langsame Mittelteil, der herrliche Orchestersatz insgesamt und der «Ungarische Tanz» im Finale. Dieses Konzert hat Bruch Joseph Joachim gewidmet, dem größten Geiger seiner Zeit, der es auch uraufgeführt hat. Manche sagen, Bruchs g-Moll-Konzert sei eine Art «kleines» Brahms-Konzert. Aber ich würde sagen, es ist ein völlig eigenständiges «großes» Bruch-Konzert. Ich freue mich also sehr darauf!

«Es ist eines der verführerischsten Violinkonzerte.»
Daniel Lozakovich

Fällt es Ihnen leicht, Musik zu lernen?

Das hängt vom Stück ab. Manchmal dauert es lange, manchmal nur kurz. An sich lerne ich sehr leicht. Aber um das Stück so zu lieben, dass ich ohne es nicht leben kann, mich vollkommen darauf einzulassen und daran zu glauben, dafür braucht es manchmal auch mehr Zeit. In manchen Fällen kann das dann auch zehn Jahre dauern.

Erinnern Sie sich daran, wann Sie das Bruch-Konzert zum ersten Mal gespielt haben?

Ja, ich habe es zum ersten Mal gespielt, als ich 16 Jahre alt war. Sobald ich das Konzert studiert habe, und auch schon vorher, als ich es irgendwann in meiner Kindheit gehört hatte, habe ich es wirklich geliebt. Damit geht es aber sicher nicht nur mir so. Wie wir wissen, ist es eines der fünf meistgespielten und beliebtesten Violinkonzerte. Zusammen mit Beethoven, Mendelssohn, Brahms und Tschaikowski. Aber natürlich gibt es noch jede Menge andere, ebenso tolle Violinkonzerte, etwa von Schumann, Sibelius, Prokofjew, Schostakowitsch ... Es gibt so viel geniale Musik! Aber ja, Bruchs g-Moll-Konzert gehört für mich insgesamt zu den schönsten Kompositionen, die es gibt. 

«Bruchs g-Moll-Konzert gehört für mich insgesamt zu den schönsten Kompositionen, die es gibt.»
Daniel Lozakovich
Daniel Lozakovich
Daniel Lozakovich © Marco Borggreve
    Matthew Halls
    Samstags-Abonnement Jahreszeitenklänge Green Event
    15/11/2025 Sa
    18.30 Uhr

    Bruch & Elgar

    Tonkünstler-Orchester Niederösterreich · Daniel Lozakovich · Matthew Halls

    BRUCH / ELGAR

    Grafenegg Auditorium Auditorium
    Karten kaufen
    57 | 50 | 46 | 37 | 30 | 10
    Wichtige Informationen
  • Da JavaScript dekativiert ist, werden einige Inhalte nicht geladen.
  • Da dein Browser nicht supportet wird, werden einige Inhalte nicht geladen.
  • Auf Grund von zu geringer Bandbreite werden einige Inhalte nicht geladen.
  • Auf Grund von zu schwacher Hardware werden einige Inhalte nicht geladen.