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«Meet the artist» Serena Sáenz

Künstler:innenportrait
Serena Sáenz

Veröffentlicht: 28/11/2024

5 Fragen an Serena Sáenz

Jedes Jahr aufs Neue zaubert das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich beim Silvesterkonzert ein beschwingtes Programm ins Auditorium. An seiner Seite feiert dieses Jahr eine ganz besondere Künstlerin Debüt in Grafenegg: die spanische Sopranistin Serena Sáenz. Im Interview verrät uns die Künstlerin, wie sie ihr Karriereweg auf zahlreiche Opernbühnen dieser Welt geführt hat, obwohl sie anfangs nie Sängerin werden wollte.

#1

Sie singen seit Ihrer Kindheit, Ihr Debüt am Gran Theatre del Liceu feierten Sie als 13-Jährige. Erfüllten Sie sich schon als Kind Ihren späteren Berufswunsch?

Das mag so scheinen, aber die Oper war nie mein Traum, zumindest damals noch nicht. Ich habe mit zwölf Jahren in einem Chor begonnen, dort habe ich zehn Jahre lang gesungen. Der Chordirigent drängte mich schon bald: «Serena, du musst deine Stimme entwickeln und als Solistin auftreten.» Aber ich wollte das nicht, ich wollte Tänzerin werden. Der Chordirigent hat mir trotzdem immer wieder kleine Solo-Partien gegeben, sodass ich ein Gefühl dafür entwickeln konnte. Und dann, mit 13 Jahren, habe ich zum ersten Mal in einer Oper mitgesungen, in «Brundibár», von Hans Krása. Ich hatte eine sehr, sehr gute Lehrerin im Chor. Sie hat mir die Technik-Basis beigebracht: zu stützen, die Luft fließen zu lassen und hohe Töne zu singen, ohne zu drücken. Diese wirklich gute Schule war für mich aber eigentlich nur Spaß, so wie ein Hobby.

Das Problem war, dass ich keine professionellen Opernsänger:innen kannte. In meiner Familie gab es keine Musiker:innen, nur Journalist:innen. Ich habe anfangs auch Journalismus studiert. Es hat also ein bisschen gedauert, bis ich verstanden habe, dass das Singen eine Karriere sein kann. Um das Tanzen und Singen zu kombinieren, bin ich dann nach London gegangen, dort habe ich ein Jahr Musical studiert. Es hat weitere zwei Jahre gedauert, bis ich vollkommen überzeugt war, Sängerin zu werden. Dann ging ich aufs Konservatorium.

Meine Mutter und der Dirigent des Jugendchors haben immer an mich geglaubt. Heute bin ich unendlich dankbar dafür, weil ich mich jetzt nirgendwo anders sehe als auf der Opernbühne. Das ist mein Lieblingsort, ein wirkliches Geschenk.

#2

Neben Ihrer musikalischen Ausbildung studierten Sie außerdem Ballett und Modern Dance und haben eine Trainerlizenz als Fitness Coach.

Inwieweit gibt es Parallelen zwischen diesen verschiedenen Disziplinen bzw. inwiefern profitieren Sie bei Ihrer Arbeit als Sängerin von Ihren weiteren Ausbildungen?

Davon profitiere ich enorm! Ich hatte immer schon ein großes Interesse daran, meinen Körper bestmöglich in Form zu halten: So kann ich auf der Bühne Alles geben. Um nicht zu ermüden, Kraft, Flexibilität und ein Bewusstsein von meinen Bewegungen zu erlangen, hat das Tanzen enorm geholfen. Das war eine ideale Basis, aber dann wollte ich ein bisschen tiefer in das Thema eintauchen, sodass ich dann eine Ausbildung als Fitnesscoach gemacht habe.

Davon profitiere ich aber nicht nur selbst: Ich versuche auch immer, meinen Kolleg:innen zu helfen, sodass sie sich besser fühlen und besser auf der Bühne performen können. Denn singen – ob es eine ganze Oper ist oder ein Konzert – ist Hochleistungssport. Junge Sänger:innen müssen heutzutage nicht nur eine gute Stimme haben, sondern auch körperlich in Bestform sein, weil wirklich sehr viel von uns verlangt wird. Das Publikum möchte auch nicht nur zuhören, sondern vor allem auf der Opernbühne auch schöne Bewegungen sehen.

Vor einer Vorstellung mache ich Yoga und Atemübungen, dann singe ich mich ein. Aber der Körper ist die Basis, denn wenn ich mich nicht gut fühle in meinem Körper, kann ich nicht gut singen. 

Serena Sáenz
Serena Sáenz © Natàlia Cornudella
#3

Sie singen in Wolfgang Amadeus Mozarts «Die Zauberflöte» am selben Punkt ihrer Laufbahn zwei gänzlich unterschiedliche Partien: Königin der Nacht und Pamina. Wie ist es dazu gekommen?

Ich mag die Abwechslung zwischen den Rollen sehr, sodass ich nicht in einer Rolle lande und dann für immer in einer Box bin. Mit 23 habe ich als Papagena an der Berliner Staatsoper debütiert, und ein Jahr später bereits Pamina gesungen. Pamina ist auch die Rolle, die ich am öftesten gesungen habe, sie liegt mir wirklich am Herzen, und ich liebe sie – aber natürlich auch die Königin der Nacht.

Ich hatte die beiden Arien der Königin der Nacht studiert, und als die Möglichkeit kam, die Rolle auf der Bühne zu singen, fragte ich mich: «Soll ich? Ich singe schon Pamina. Soll ich das machen?» Nachdem sich meine Höhe erst noch nach oben entwickelt hat, kann ich jetzt tatsächlich beide Partien singen. Aktuell habe ich jetzt meine vierte Produktion als Königin der Nacht und … viele als Pamina.

#4

Welcher Ihrer zahlreichen Auftritte, die Sie in Ihrer bisherigen Karriere meistern durften, war Ihr persönliches Highlight und warum?

Einerseits fällt mir da mein Debüt ein: als Lucia in Gaetano Donizettis «Lucia di Lammermoor» in Barcelona, meiner Heimatstadt. Ich saß gerade im Nagelstudio, als ich die Nachricht bekommen habe, dass ich womöglich einspringen sollte. Ich war zuerst schockiert, aber dann bin ich direkt ins Theater gefahren, habe mich eingesungen und dann gewartet, bis klar war, dass ich tatsächlich singen werde. Selbstverständlich war ich nervös, aber wenn ich wirklich unter Druck bin, dann schalte ich in den «Robot Mode», wie ich ihn nenne, und kümmere mich um nichts anderes als Technik. Das war so ein schöner Abend, das werde ich nie im Leben vergessen. 

Und natürlich war auch der Gewinn des Operalia-Preises ein unglaubliches Erlebnis, da hatte ich dann mein Debüt an der Wiener Staatsoper als Zerbinetta in «Ariadne auf Naxos» von Richard Strauss.

Mein Glück ist: Ich lerne schnell, aber vor allem habe ich gute Nerven. Und ich springe hinein – ohne nachzudenken, was passieren wird.

Serena Sáenz
Serena Sáenz © Dovile Sermokas
#5

Wo sehen Sie sich in den nächsten fünf bis zehn Jahren? Was sind ihre Pläne?

Das ist schwierig zu sagen, weil meine berufliche Entwicklung voller schicksalhafter Zufälle steckt. Ich habe nie viel geplant, sondern die Möglichkeiten haben sich eröffnet, und ich war bereit, sie anzunehmen. Deswegen glaube ich, dass sich die Karriere ein bisschen schneller als bei anderen entwickelt hat.

Und was die Zukunft bringt? Es wird alles schön sein. Natürlich möchte ich in den Theatern debütieren, wo ich noch nicht gesungen habe, in London, Paris – und natürlich an der Metropolitan Opera in New York. 

Bezüglich der Partien: Meine Stimme ist so voll Koloratur, und ich möchte diesen Glanz behalten, wenn ich ganze Partien singe. Und ich möchte ein bisschen lyrischer singen, wo ich nicht so hoch gehen muss. Ich habe das Gefühl, das schont meine Stimmbänder. Die Ophelia in «Hamlet» von Ambroise Thomas ist auch ein Traum für mich. Das ist unglaublich schöne Musik. Ebenso möchte ich die Traviata singen. Und wer weiß? Vielleicht auch eine Manon? Es ist alles offen. Das finde ich schön. 

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